Sonntag, 19. Dezember 2021

Kultur pur - Das Musical "Die Schatzinsel" im Theater Hameln

Lichtet die Anker ihr Landratten...

Zwei Jahre warten, hoffen, bangen, Daumendrücken und jede Menge Frust. Vielen Dank Corona. Kein Wunder, dass die Kulturbranche kurz vor dem Kollaps stand. Kein Kino, kein Theater, keine Museen. Lockdown und Versammlungsverbot. Für alle Künstler und Kulturliebhaber der absolute Supergau. Einer von vielen Wermutstropfen.

Ich gehe super gerne ins Theater und liebe vor allem Musicals. Leider sind in den letzten Jahren die Preise für Eintrittskarten extrem in die Höhe geschossen. Besonders bei den großen Shows von "Stage Entertainment". König der Löwen war mein erstes Musical. Ich erinnere mich super gerne daran zurück, aber mittlerweile muss man dort für gute Karten über 150€ pro Stück ausgeben. Zwar muss ich nicht auf jeden Euro schauen, aber das ist mir dann doch ein wenig too mutch. So sehr ich auch Disney liebe und mich neue Produktionen wie "Die Eiskönigin" oder auch der Klassiker "König der Löwen" reizen. Ich kann verstehen, das auch für die Produzenten die Kosten steigen, aber es sollte doch alles im Rahmen und für Normalos bezahlbar bleiben, oder nicht?

Eine angenehme Ausnahme ist hier die Produktionsfirma "Spotlight Musicals". Die Produktionen sind klasse und auf ebenso hohem Niveau wie die von Stage. Was die Stückauswahl angeht hat Spotlight eine eigene Nische gefunden und sich auf Stücke mit historischem Hintergrund spezialisiert. Sie handeln von historischen Persönlichkeiten, wie der Heiligen Elisabeth von Thüringen, Friedrich dem Großen oder Adolf Kolping, oder erzählen Geschichten historischer Romane, wie "Die Päpstin" oder "Der Medicus". Und das alles zu vertretbaren Preisen. Qualität muss nicht überteuert sein.

Jedes Jahr veranstaltet  diese Theaterschmiede den Musicalsommer in Fulda. Ein echter Besuchermagnet und sehr gut besucht. Und seit ein paar Jahren gastiert Spotlight mit seinen Musicals einmal im Jahr (zuletzt immer in der Weihnachtszeit) auch im Theater Hameln. Und bis auf das Musical über den alten Fritz ("Friedrich, Mythos und Tragödie) habe ich jedes Stück, das dort aufgeführt wurde, mindestens einmal in Hameln gesehen. " Die Päpstin", das Musical mit dem alles in Hameln anfing, sogar drei mal. Jedes Mal etwas anders, weil das Stück natürlich immer weiter entwickelt wurde, und gefühlt jedes Mal noch besser und noch eindrucksvoller. Auf jeden Fall immer ein echtes Erlebnis, das sich hinter den großen Produktionen nicht verstecken braucht. ( Und so nebenbei, was für mich noch das Tüpfelchen auf dem I war: Jedes Mal habe ich mir eine Karte in der besten Kategorie zu einem Preis gegönnt, für den ich bei Stage bestimmt irgendwo ganz hinten hinter einer Säule gesessen hätte. Wer kann der kann!😂)

Dieses Jahr stand nun das Musical "Die Schatzinsel" auf dem Programm. Eigentlich war es schon für 2020 geplant gewesen. Ich hatte mich mega drauf gefreut, aber dann kam (wie wir alle wissen und fluchen) das blöde Virus mit C und machte alle Pläne null und nichtig. Na super! 😡😭 Zum Glück wurde nicht ersatzlos gestrichen, sondern alles "nur" um ein Jahr verschoben. Glück gehabt! 🍀

Jetzt kurz vor Weihnachten war es dann endlich so weit. Auch wenn es jetzt erst wieder auf der Kippe stand, ob alles stattfinden konnte. Steigende Infektionszahlen trotz Impfmöglichkeiten und 3G bzw. 2G+. Und wieder die leidige Diskussion um Lockdown, Versammlungs- und Kulturverbot. Wie oben gesagt. Hoffen, bangen, Daumendrücken. Und meine Gebete wurden erhört. Die Piraten enterten Hameln und ich machte mich auf den Weg ins Theater.

Das Musical "Die Schatzinsel" handelt von einem echten Klassiker, dem gleichnamigen Jugendbuch von Robert Lewis Stevenson. Es verwebt auf mehreren Erzählebenen den Roman mit der Lebensgeschichte des Autors. Hier mal ein kurzer Überblick. Ich zitiere direkt von der Spotlight-Homepage:

Edingburgh 1870: Nichts würde Louis Stevenson lieber tun, als aus der Enge der viktorianischen Spießigkeit auszubrechen. Seit Kindesbeinen träumt er davon, Schriftsteller zu werden, doch seine literarischen Versuche bleiben allesamt erfolglos. Als er sich schon beinah damit abgefunden hat, seine Kindheitsträume begraben zu müssen, begegnet Louis der Amerikanerin Fanny Osbourne und deren kleinem Sohn Lloyd. Hals über Kopf verliebt sich Louis in die faszinierende, selbstbewusste Frau.

Es kommt zu einer aufregenden Liebesaffäre, die jedoch von einer ungewissen Zukunft überschattet wird: Fanny lebt zwar von ihrem Mann getrennt, ist aber noch immer verheiratet. Auch zwischen Fannys Sohn Lloyd und Louis entsteht eine innige Freundschaft.

Inspiriert von der Liebe zu Fanny und dem Wunsch nach Freiheit, beginnt Louis eine Piratengeschichte zu schreiben, die einmal die ganze Welt erobern wird: "Die Schatzinsel"

Die Show (um es schon einmal vorweg zu nehmen) war wieder echt der Hammer. Licht und Ton sehr gut und die stellenweisen Videoeffekte echt eindrucksvoll. Sei es die Schatzkarte die vor unseren Augen Gestalt annahm oder der riesige sprechende Totenschädel, der uns Zuschauer zur Show begrüßte. 

Das Bühnenbild bestand aus einem drehbaren Holzgerüst und konnte sich somit in alle möglichen Schauplätze verwandeln, die im Musical benötigt wurden. Sei es die Seemannskneipe "Admiral Benbow, das, das Piratenschiff Hispanola oder eine gruselige Höhle auf der Schatzinsel. Die Übergänge waren dabei fließend und verliefen reibungslos. Weitere Spannung und interessante Szenenwechsel wurden durch Vorhänge geschaffen, die Räume abtrennten und Projektionsfläche für die Videoinstallationen lieferten. (Dieses Konzept kannte ich bereits vom Musical "Die Päpstin" hier war es eine wandelbare, drehbare Treppe)

Das Ensemble war mit vollem Elan und mit super viel Spielfreude dabei. Man merkte der Mannschaft an, wie glücklich sie war nach der Corona-Zwangspause wieder auf der Bühne stehen zu dürfen.

Besonders herausragend und durchweg spitze besetzt waren die Hauptdarsteller. 

  • Sascha Kurth schlüpfte gleich in drei Rollen, als Lewis Stevenson, Dr. Livesey und als wahnsinniger Pirat Ben Gun. Seine Stimme in ihrer Klangfarbe von glücklich, warm und  einnehmend, bis fast schon hypnotisch, zog einen geradezu in ihren Bann, wenn er als Stevenson von der Schatzinsel erzählte. Dann war sie wieder melancholisch, tief traurig und zuletzt war sie echt gruselig, jagte mir echt eine Gänsehaut über den Rücken. Besonders das irre lachen des Ben Gun  klang in mir noch lange nach und hätte sehr gut in so manchen Gruselfilm gepasst. Sehr beeindruckend, wie wandlungsfähig Sascha Kurth ist, den ich das erste Mal in einer Hauptrolle gesehen habe.
  •  Als Fanny Osbourne und Mrs Hawkins glänzte Katja Berg. Ihr Solo "Übers weite Meer" war ein weiterer großer Gänsehautmoment. Ihre Rolle war von super viel Warmherzigkeit geprägt und es machte Freude ihr Zusammenspiel mit ihrem Theatersohn zu beobachten. So stellt man sich eine liebende Mutter vor

  •  Ethan Freeman zog als Piratenkapitän und Schiffskoch Silver sofort jeden in seinen Bann. Die Grenze zwischen Bösewicht und charismatischer Vaterfigur war fließend und ich wusste oft nicht, ob ich ihn mögen oder verabscheuen sollte
  • Last but not least lieferte der Nachwuchsdarsteller Jonte Klein eine wirklich tolle Show ab.Er spielte Lewis Stevenson als Kind, Lloyd Osbourne und Jim Hawkins.Es war seine erste große Rolle in einer großen professionellen Produktion und er konnte mich mit seinem Spiel und seinem Gesang durchweg überzeugen. Für sein Alter hatte er eine super Bühnenpräsenz. Die muss wohl in der Familie liegen. Beim ersten Gastspiel der Schatzinsel in Hameln stand seine ältere Schwester in der gleichen Rolle auf der Bühne. Die war dieses Mal als
    Kinderbetreuerin hinter der Bühne aktiv
                                                                           

Nach dem Theater und in der Pause war ich (wie fast jedes Mal) auf Autogrammjagd am Bühnenausgang. Hier hatte ich das Glück fast alle Hauptdarsteller persönlich kennen zu lernen und kurz mit ihnen zu reden. Nur den Herrn Freeman konnte ich leider nicht treffen. Sowohl Sascha Kurth als auch Katja Berg waren sehr nett und offen. Und der kleine Jonte war erst ein bisschen schüchtern und erstaunt über meinen Autogrammwunsch, hat dann aber doch lachend in meinem Programmheft unterschrieben. 

                                                                           Sascha Kurth spielte Robert Louis Stevenson

 Reinhard Brussmann (Links) spielte den Vater von Stevenson, Lutz Standop (rechts) den Geldgeber der Schatzinsel Expedition Squire Trelawney
 

Alles in allem war es wieder ein rund um gelungener Nachmittag. Ich bin mega dankbar, dass es dieses Jahr endlich geklappt hat und nicht doch noch ersatzlos gestrichen wurde. Ich habe (vielleicht als einzige im Publikum, da es kurz vorher freiwillig geworden war) während der kompletten Vorstellung eine FFP2 Maske getragen, was zwar ungewohnt war, den Spaß aber nicht beeinträchtigte. Wie bei jedem neuen Stück war ich total geflasht und begeistert. (Ich hatte bei Spotlight aber auch nichts anderes erwartet 😉 ) Müsste ich einen Kritikpunkt nennen, so wäre es nur die Nummer "Bristol City" American Linedance in einer englischen Hafenstadt passte irgendwie nicht so ganz, auch wenn es die lebhafte Atmosphäre am Hafen gut rüberbrachte. Aber das ist jammern auf verdammt hohem Niveau. Ich war einfach froh mal wieder raus und auf andere Gedanken zu kommen und gerade letzteres funktionierte wieder super. Für ein paar Stunden ab- und in eine andere Welt eintauchen. Spotlight hat es wieder geschafft, das ich alles um mich herum vergessen habe. 

Nächstes Jahr (wieder in der Weihnachtszeit) geht es dann nach zu Robin Hood 🎯 nach Sherwood Forest. Ich kann den Vorverkaufsstart kaum erwarten und bin garantiert wieder dabei. Es sei denn Corona hat wieder andere Pläne. 😝


 Ein letzter Hinweis: Die hier verwendeten Bilder (bis auf den Totenschädel und die beiden Backstage Bilder) sind Pressebilder der Hameln Tourismus. Die Seite findet ihr hier. Ich verdiene mit den Bildern und meinem Blog kein Geld und die Rechte an den Bildern liegen alleine bei Hameln Tourismus und der Spotlight Musical GmbH .