Freitag, 30. Dezember 2022

Historisch unterwegs - Das Deutsche Auswander Haus in Bremerhaven

 Auf den Spuren derer, die auszogen ihr Glück zu suchen...

 
Was ist das Schöne zwischen den Jahren? Es kommt vor, dass man wenig zu tun hat und der Chef dank prallem Stundenkonto einen Tag frei gibt. 😁😁😁
 
Gestern also spontan losgefahren. Immer Richtung Norden. Ziel: Bremerhaven. Einfach mal wieder Wasser sehen und sich ein bisschen den Wind um die Ohren wehen lassen. 
 
Am Zielort dann das Wetter nicht sooo pralle. Zum Glück liegt in den Havenwelten alles nah beieinander.
 
 

Sehr kurze Regenpause...

Und so haben wir das beste drauß gemacht und sind wetterunabhängig ins Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven gegangen. Auf den Spuren all der Menschen, all der Schicksale, die von Bremerhaven in die neue Welt aufgebrochen sind. 
 

 
Der Besuch lohnt sich wirklich und macht stellenweise echt nachdenklich. Was Menschen alles auf sich genommen haben und noch immer auf sich nehmen um in einem anderen Land neu anzufangen. Was für Hoffnungen und Träume sie hatten . Und was schließlich aus ihnen geworden ist. Alles anhand realer Menschen. Dafür bekommt man am Anfang einen Namen und verfolgt diesen dann durch die Ausstellung. 
 
Ich habe Sabine Schastok begleitet. Eine der vielen Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus den ehemaligen deutschen Gebieten in Polen flüchten musste und als junge Frau, fasziniert vom American Dream, in die USA ausgewandert ist. 
 






Ganz tolle Nachbildungen der Bedingungen damals, ganz viel zu hören, anzusehen und zu entdecken. 
 
















 
Und wer möchte kann auch Nachforschungen nach eigenen Vorfahren anstellen, die in die USA oder Südamerika ausgewandert sind. Hierfür werde ich auch bestimmt nochmal wieder kommen. Aus Erzählungen weiß ich, dass es in der Familie meiner Mutter Auswanderer in Richtung Amerika gegeben hat.
 
Der Besuch lohnt sich für alle, die sich für Geschichte, Emigration und Migration interessieren. 

Nach dem Besuch sind wir dann noch in der Strandhalle lecker Fisch essen gegangen und noch ein bisschen am Wasser gewesen, bis uns der Regen dann doch zurück zum Auto getrieben hat.
 



Das Auswanderer-Denkmal am Hafen







Alles in allem ein wirklich schöner Tag mit neuen Erfahrungen, viel zum Nachdenken und trotz durchwachsenem Wetter Wasser vor Augen und Wind im Gesicht. Was möchte man mehr...

Mittwoch, 21. Dezember 2022

Kultur Pur - Robin Hood im Theater Hameln

Der düstere Retter der Entrechteten hält Hof

 
Am Samstag war es wieder soweit. Musical Time! 😆🎭🎶
 
Es ging (wie alle Jahre wieder) zu Spotlight musicals GmbH nach Hameln. Dieses Jahr zu Robin Hood. 🎯
 

 Hier mal eine kurze Zusammenfassung der Story:

Ein junger Adliger rebelliert gegen das Establishment und kämpft gegen das dunkle Vermächtnis der eigenen Familie: >>Robin Hood<< - die beliebte Legende in einem völlig neuen Gewand. Dramatische und bewegende Momente wechseln sich ab mit energiegeladenen Ensembleszenen, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse im mittelalterlichen England auf den Kopf gestellt werden. Als Robin von Loxley seinem eigenen Stand den Rücken kehrt, findet er im Kampf um Gerechtigkeit die eigene innere Freiheit und öffnet sich für die tiefe Liebe zu seiner Frau Marian …                                   
 
In der rauhen Welt der geächteten bringt Robin Hood mit einer Bande aus Gesetzlosen die herrschenden zur Verzweiflung und schenkt den Ärmsten neue Hoffnung. Er scheint unbesiegbar zu sein. Da wird er in ein schicksalhaftes Duell mit seinem skrupellosen Widersacher Guy von Gisbourne gezwungen. Als er um die Liebe seines Lebens kämpft, wird er von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt.
 
Ein Bühnenspektakel über Freiheit, Macht, und Liebe. Die Entstehung einer Legende. Die Geschichte von Robin Hood.
 
(Zitat von der Website der Hameln Tourismus)
 
Wer sich einen ersten visuellen Eindruck verschaffen will, hier mal ein Video mit ein paar Ausschnitten aus dem Stück. 
 
 
 
Hier mein Review zur Produktion:
 
Das Stück war wieder ein Erlebnis. Mitreißende Musik, fesselnde Handlung und ganz viel Action auf der Bühne. Nach zwei verschobenen Premieren in Fulda endlich live on Stage. Was lange wärt wird endlich gut. Eine weitere tolle künstlerisch hochwertige Produktion. Was anderes hatte ich auch nicht erwartet. 
 
Was mich allerdings etwas erschreckte war der sehr sehr düstere Grundton des gesamten Musicals. Dachte ich bisher "Die Päpstin" wäre sehr dunkel gewesen, setzt Robin Hood noch eine Schippe drauf. Ja ich weiß, dass das Mittelalter kein Friede, Freude, Eierkuchen und kein romantisiertes Gute-Laune-Event war. Und ja ich war vorgewarnt, dass dieser Robin Hood anders ist als das gängige Bild vom Strahlemann, der Reiche bestiehlt und Arme versorgt. Aber ein naturalistischer abgeschlagener Kinderkopf aus Gummi, versuchte Vergewaltigung auf offener Bühne und Posttraumatische Belastungsstörungen mit Alkoholmissbrauch und Alpträumen beim Titelhelden fand ich sehr, sehr verstörend und oft stellte sich mir die Frage, ob das so hatte sein müssen, oder ob das nicht auch anders gegangen wäre. Da habe ich mich stellenweise eher wie im Dungeon oder in einem Horrorfilm als im Musical gefühlt. Nichts für Menschen mit labiler Psyche und für Kinder erst recht nicht. 
 
Eine willkommene Abwechslung und Lichtblicke gab es aber zum Glück auch und zwar in Form von lustigen Ensemblenummern wie "Lass alle Fünfe grade sein" oder "Wir haben die Kohle und der König nicht" und auch in einer sehr lustigen Darstellung eines Diebstahl im Königspalast inklusive hüpfender Goldsäcke. Und auch das klar von Chris de Burgh beeinflusste "Freiheit für Nottingham" hat echtes Ohrwurmpotential. 
 
Das Ensemble war (wie erwartet) wieder spitze. Alle Rollen waren sehr gut besetzt. Ein oder zwei Charaktere wurden von den Zweitbesetzungen gespielt. Dies fiel aber überhaupt nicht auf. Nur wer sich vorher mit dem Stück und dem A-Cast beschäftigt hatte merkte etwas beim Blick auf die Cast-Liste. So fiel z.B. Andree Haedicke als Bruder Tuck aus und auch Friedrich Rau als  Robin Hood machte eine verdiente Pause. Dies tat der Show aber keinen Abbruch.


Die Hauptdarsteller Sascha Kurth und Johanna Zett harmonierten sehr gut. Man merkte, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte. 
 

Sascha Kurth als Robin von Locksley - verzweifelt, trotzig, verletzlich, dann wieder durchsetzungsstark und fröhlich überschwänglich. Dazu die Wandlung vom selbstverliebten Ekelpaket zum charismatischen Sympathiträger. Er bot die ganze Palette und das mit ganz viel Spielfreude und Tiefgang

Johanna Zett als Marian - eine sehr selbstbewusste Dame, die schon früh weiß, was sie möchte und ihre Meinung auch ganz deutlich vertritt. Dabei scheut sie sich auch nicht den Männern auf die Füße zu treten. Sie ist ein bisschen wie eine Schicksalsgöttin für Robin. Sehr gut und gefühlvoll mit ganz viel Kraft gespielt

Den von Ehrgeiz zerfressen Bösewicht spielte Thomas Hohler. Gänsehaut garantiert. 
 
Thomas Hohler als Guy von Gisborne - von Klein auf vom Ehrgeiz zerfressen. Ein sehr charismatischer Bösewicht. "Beim finalen "Ich oder Du" war Gänsehaut garantiert

Aber auch alle anderen Darsteller lieferten durchweg sehr gute Leistung ab. 
 
Merlin Fargel als König John - herrlich arrogant und leider auch sehr skrupellos

Sascha Laue als Bruder Tuck - bisher kannte ich ihn nur als Ensemble Darsteller. Als weinseeliger, gut gelaunter Mönch war er sehr gut.

Dennis Henschel als Will Scarlett - Erst geächtet und entrechtet und verzweifelt und dann schlagkräftiger bester Kumpel von Robin

Caroline Zins als Äbtissin - brutal und kompromisslos und leider auch sehr sehr nachtragend

Daniele Nonnis als Little John im zweiten Akt und im ersten Akt als Vater von Robin Hood. Im ersten Akt total widerliches Ekelpaket, im zweiten lustiger Haudegen

Das Bühnenbild bestand dieses Mal großenteils aus nackten Gitterwänden. Nach den Treppenelementen bei der Päpstin und dem Holzgerüst bei der Schatzinsel fand ich diese leider etwas nichtssagend und steril. Vielleicht ein bisschen zu modern für den historischen Stoff.
 
Bei den Kostümen dominierte, passend zu meinem düsteren Eindruck die Farbe Schwarz kombiniert mit viel Leder. Eine Ausnahme bildete King John in seinem goldenen Glitzeroutfit. Vereinzelt kommt auch etwas Pelz zum Einsatz Alles sehr minimalistisch. Es unterstreicht die Rollen ohne unnötig abzulenken. Ein besonderer Hingucker war das monströse schwarze Fellcape von Guy von Gisborne beim finalen "Ich oder Du".
 
Über die Technik kann ich dieses Mal nicht meckern. Alles war gut zu verstehen, nichts war übersteuert. 
 
Alles in allem wirklich wieder eine gute Produktion. Aber ob ich sie mir im nächsten Jahr noch einmal anschauen werde steht noch in den Sternen. Mir war die Geschichte zu dunkel und stellenweise zu brutal. Aber das ist ja Geschmackssache.