Samstag, 23. Mai 2020

Märchen, Sagen und Geschichten - Der Lügenbaron von Münchhausen

Der Lügenbaron und sein historisches Vorbild - Wahrheit und Fiktion so nah beeinander


Hier bei uns im Weserbergland gibt es sehr viele Orte, die mit Märchen und Sagen in Verbindung gebracht werden. Dies liegt zum Einen an unserer oft märchenhaften Landschaft und zum Anderen daran, dass ein Teil der deutschen Märchenstraße hier durch Niedersachsen verläuft. Ich muss nicht lange fahren und schon bin ich im Aschenputtel-Dorf Polle, in Hameln beim Rattenfänger oder aber auch in Bodenwerder. Dort residiert der Lügenbaron von Münchhausen.

Sein Ritt auf der Kanonenkugel ist, wie viele seiner anderen Geschichten, weit über Deutschland hinaus bekannt.  Egal ob Russland oder Japan. Der Herr Baron und seine fantastischen Geschichten sind international sehr gefragt und beliebt.

Was viele nicht wissen: Die literarische Figur des Lügenbarons hat ein historisches Vorbild. Der echte Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen wäre dieses Jahr 300 Jahre alt geworden. Eigentlich sollten zu  diesem Anlass eine Reihe von Veranstaltungen und ein Festakt stattfinden. Aber dank Corona-Pandemie sind diese zwar nicht abgesagt, aber auf einen noch nicht näher bezeichneten Zeitpunkt verschoben. Mal schauen, wann der Herr Baron gebührend gefeiert werden kann.


Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen wurde am 11. Mai 1720 in Bodenwerder geboren. In seinem Elternhaus befindet sich heute das Rathaus. Als Sohn eines Landadeligen wurde er der Tradition gemäß mit 13 Jahren Page und ging nach Wolfenbüttel an den braunschweigischen  Hof und 1737 schließlich mit seinem Dienstherren Anton Ulrich nach Russland und diente dort im Militär.


Im Rang eines Rittmeisters  heiratete er 1744 Jacobine von Dunten mit der er 1750 nach Bodenwerder zurückkehrte und das Gut seiner Eltern übernahm. Die Ehe dauerte 40 Jahre, war glücklich aber leider kinderlos.

Der Herr Baron lebte zurückgezogen von der Öffentlichkeit, liebte es aber sich Freunde einzuladen. Es wurde Pfeife geraucht, Punsch getrunken und erzählt. Für diese Treffen ließ Hieronymus in seinem Berggarten extra seine Erzählgrotte bauen, ein Pavillon der heute noch bei Führungen von außen besichtigt werden kann.


Münchhausen liebte es Geschichten von seiner Zeit beim Militär oder von der Jagd zu erzählen. Gern und oft reich ausgeschmückt und mit "Jägerlatein" gespickt. 1781 erschien die erste Veröffentlichung, die Auszüge dieser fantastischen Erzählungen enthielten. Wer das "Vademecum für lustige Leute" geschrieben hat ist bis heute unbekannt. Münchhausens Identität war hier noch durch ein Pseudonym geschützt, aber die literarische Figur des Lügenbarons war geboren.

Zu größerer Bekanntheit kam der Lügenbaron durch den Gelehrten Erich Raspe. Dieser nahm die Texte der Vadekum Veröffentlichung, übersetzte sie ins Englische und erfand eigene Geschichten. In England, wohin der deutsche Gelehrte geflohen war, wurden die Abenteuer von Münchhausen ein großer Erfolg.
Die Bücher Raspes wiederum nahm der Schriftsteller Gottfried August Bürger als Basis, übersetzte sie wieder ins Deutsche und fügte auch wieder eigene Geschichten hinzu.

In beiden Werken war der Namen des Baron von Münchhausen nicht mehr anonymisiert. Die Grenzen zwischen der realen Person des Freiherr von Münchhausen und der literarischen Figur des Lügenbarons verschwamm immer mehr.  Der eigentlich öffentlichkeitsscheue Herr Baron gelangte zu ungewollter Berühmtheit. Zeit seines Lebens fühlte er sich der Lächerlichkeit preis gegeben. Der Ruf des Lügenbarons klebte wie Kaugummi an ihm.

Dies hatte für ihn auch im privaten Bereich weitreichende Folgen. Nach dem Tod seiner Frau Jacobine heiratete der nun 74 Jahre alte Baron die 20 jährige Bernhardine von Brunn aus Polle. Schon kurz nach der Heirat wurde ihm seine junge Ehefrau untreu und die Beziehung zerbrach. Im Scheidungsprozess wurde er aufgrund der Bücher von Raspe und Bürger als notorischer Lügner dargestellt und seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Der Prozess zog sich immer weiter in die Länge. Am Ende hatte der Baron fast sein komplettes Vermögen eingebüßt und starb 1797 schließlich verarmt, einsam und verbittert. Er wurde im Kloster Kemnade begraben.

Zurück blieb die Figur des Lügenbarons von Münchhausen und seine lustigen, fantastischen und oft unglaublichen Geschichten. Schade, dass dabei die leider ein wenig tragische Person des echten Barons oft etwas in den Hintergrund gerät.

Heute ist der Lügenbaron Botschafter und Werbeträger für die Münchhausenstadt Bodenwerder. Mit Statuen und Brunnen hat man ihm an mehreren Plätzen in der Stadt ein Denkmal gesetzt. Sogar ein eigenes Museum ist ihm gewidmet. Einen Besuch kann ich nur empfehlen.

Das Münchhausen-Museum in der ehemaligen Scheune des Gutshofs

Münchhausen zieht sich und sein Pferd am eigenen Zopf aus dem Sumpf

Das halbierte Pferd

Das Pferd an der Kirchturmspitze

Münchhausen fliegt mit gefangenen Enten durch die Lüfte

Der Ritt auf der Kanonenkugel

Hier nun meine Lieblingsgeschichte aus der großen Sammlung an Lügengeschichten des Baron von Münchhausen. Viel Spaß!

Der Hirsch mit dem Kirschbaumgeweih

 


Der Herr Baron war mal wieder auf der Jagd. Seine Kugeln waren für allerlei Wild drauf gegangen. Da trat vor ihm eine kapitaler Hirsch aus dem Gebüsch. Da er keine Munition mehr hatte nahm er von einem nahen Baum ein paar Kirschen, löste die Steine aus und lud mit eben diesen seine Flinte.
Er legte an und schoss mit dieser Ladung auf den Hirsch.

Das Tier taumelte, rappelte sich dann aber auf und verschwand zwischen den Bäumen. Baron von Münchhausen blieb alleine zurück und ärgerte sich über den ausgebliebenen Jagderfolg.

Nach ein paar Monaten ging er wieder auf die Jagt. Als er gerade auf ein Stück Wild anlegte trat auf einmal ein Hirsch auf die Lichtung vor ihm. Dieser hatte zwischen seinen beiden Geweihstangen einen großen Kirschbaum, der reich mit Kirschen behangen war. Es musste der Hirsch sein, der es damals geschafft hatte zu entfliehen.

Der Baron legte an, drückte ab und erlegte das kapitale Tier. So hatte er nun zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und den Hirschbraten mitsamt der Kirschsoße auf einmal bekommen.

 

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