Montag, 8. Mai 2023

Rostock 2023 - Der Schalsee und das Grenzhuus in Schlagsdorf

Die zwei Seiten der Trennungs-Medaille

Jippie, Yes und Juhu! Es hat geklappt. Ich bin wieder unterwegs. Heute Morgen bin ich zu meiner altbekannten Reisegruppe in den Bus gestiegen, um ein paar schöne Tag in und um Rostock zu verbringen. Natürlich bei schönstem Kaiserwetter. Was will man mehr.

Über die Autobahn auf ins Mecklenburgische. Die Stimmung ausgelassen und erwartungsvoll. Um die gute Laune noch zu steigern, stimmte unser Reiseleiter „Guten Morgen Deutschland“ von Tom Astor an. Für manche vielleicht wenig oldschool, aber wie ich finde sehr passend. Ich war zwar noch ein bisschen müde, aber schon super gespannt auf Rostock und freute mich auf die Ostsee.

Vor unserem Ziel warteten (wie sonst auch auf den Bustouren) noch zwei Programmpunkte auf uns. Grenzerfahrungen zweierlei Art. Wenn man in Richtung Osten fährt, kommt man am Thema DDR und innerdeutsche Teilung einfach nicht vorbei. Und wie sollte es auch anders sein, hatte auch dieser Themenkomplex zweierlei Seiten, was die Folgen bzw. Auswirkungen betraf.

An unserem ersten Programmpunkt ging es mit den positiven Folgen los. Wir haben am Besucherzentrum Pahlhuus in Zarrentin am Schaalsee halt gemacht. Bis zur Wiedervereinigung verlief die Grenze mitten durch den See. Und somit war der Teil des Schaalsees, der auf dem Gebiet der DDR lag, abgeriegeltes Sperrgebiet. Schlecht für die Menschen, aber super für die Natur, die sich ungestört entwickeln konnte. 


Heute ist der See reich an vielen verschiedenen Tier und Pflanzenarten und das ehemalige Sperrgebiet zusammen mit weiteren Land- und Wasserflächen rund um den See seit dem Jahr 2000 sogar UNESCO-Biosphärenreservat. Sehr beeindruckend.

Über all dies konnten wir uns im Pahlhuus informieren. Der nette ältere Herr, der uns durch die Ausstellung geführt hat, konnte uns ganz viel über Fischotter, Seeadler, Aal, Maräne und all die anderen Tiere und Pflanzen erzählen, die heute im und um den See herum leben. 


 

Besonders gut hat mir in der Ausstellung das interaktive Bilderbuch gefallen. Scheinbar leere Seiten in einem realen Buch wurden mit Hilfe von Videoprojektion zum Leben erweckt. Wie ein großes lebendiges Wimmelbuch. Es gab viel zu entdecken und auch für uns Erwachsene noch das eine oder andere zu lernen.



 

Am zweiten Programmpunkt für heute ging es dann um die zweite Seite der Medaille. Um die weniger schönen Auswirkungen der deutschen Teilung. Wir haben uns das Grenzmuseum „Grenzhuus“ in Schlagsdorf angesehen. 


Schlagsdorf lag in der DDR-Zeit mitten im Sperrgebiet und war nur mit speziellen Passierscheinen erreichbar. Daher konzentriert sich das Museum auf all die Folgen und Auswirkungen, die die Teilung auf das Leben der Menschen vor allem hier im Grenzgebiet hatte.

Am Anfang bin ich noch ziemlich unbedarft an die Sache ran gegangen. Natürlich hatte ich in der Schule schon ein klein bisschen was über all die Sache mit der deutschen Teilung gehört und auch bei mir in der Familie hat es Verwandte im Osten gegeben. Aber dann in der Ausstellung die Berichte der Menschen zu lesen, die direkt betroffen waren und zu sehen, was es bedeutet hat in der DDR besonders in der Nähe der Grenze zu leben hat mich dann doch ziemlich umgehauen.

Zwangsumsiedlungen ins Unbekannte, geschliffene Ortschaften, permanente Überwachung (man konnte quasi überhaupt keinem trauen. Noch nicht mal der eigenen Familie). All das sorgte bei mir für Gänsehaut, Kopfschütteln und nicht nur einen Kloß im Hals und Magen. 

 







 

Und der Hammer für mich persönlich kam dann im Außenbereich, der ein Stückchen vom Museum entfernt lag. Hier konnte man sich den Aufbau der Grenzanlagen live und in Farbe an Hand von alten original erhaltenen Grenzteilen ansehen. Informationstafeln lieferten weitere brutale Details. Scharfe Hunde, Stolperdraht, Selbstschussanlagen und Splitterbomben. Das hat nichts mit einem „antifaschistischen Schutzwall“ zu tun, als welchen das DDR-Regime die Grenze verkaufte. 

 


 

 

Ein Land, das zu solchen Mitteln greifen muss, um die eigenen Menschen an der Ausreise zu hindern hat oder hatte nichts mit einem Rechtsstaat zu tun und keine Daseinsberechtigung. Das grenzte für mich schon an Geiselnahme an eigenen Volk. Und ich kann die noch weniger verstehen, die heute noch die DDR in den Himmel loben und den alten Zeiten nachtrauern. Wenn die DDR so toll gewesen ist, wieso war es dann nötig die Menschen einzusperren und zu überwachen? Und wieso haben sich dann so viele Menschen auf die lebensgefährliche Flucht in den Westen gemacht?

Resultat von all dem? Mir war wortwörtlich kotzübel und weil ich mich so aufgeregt habe fuhr mein Kreislauf Achterbahn. Das letzte Mal, dass mich ein Museumsbesuch so aufgewühlt hat, war der Besuch im KZ Dachau in der 10. Klasse. Noch nie war ich so froh über die Wiedervereinigung, wie heute.

Zum Glück ging es dann auch bald weiter. Rostock war nicht mehr weit und als wir dann endlich vor unserem Hotel vorfuhren es dann Essen gab verflogen auch die dunklen Gedanken so langsam und machten der Vorfreude auf die nächsten Tage Platz. Mal sehen, was Rostock und Umgebung so zu bieten hat. Das Reiseprogramm klingt vielversprechend. Ich freue mich drauf.

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